…die Außenpolitik, gerade zur Ukraine… Sich auf einen Standpunkt zu einigen wäre schonmal ein Anfang, aber nichtmal das kriegt Die Linke hin. Das Absplittern des BSWs wäre dahingehend die Chance für Die Linke gewesen und trotzdem geht das, wo die Partei sich äußert, in die Richtung BSW-Weltsicht. Ich würde mir wünschen, dass sie sich klar zur Ukraineunterstützung bekennt und aufhört, Waffen für die Ukraine abzulehnen. Diplomatie ja, die gibt es ja auch hinter den Kulissen, aber gebt der Ukraine trotzdem alles, was sie braucht, um Russland außer Land zu boxen. Bei anderen Diskussionen dazu hatte ich die Perspektive gehört, dass bei der Außenpolitik tatsächlich ein Parteieintritt die Möglichkeit bringen würde, von innen etwas an dem Standpunkt zur Ukraine zu ändern.

Ich habe keine Ahnung, wie das aussieht und fände Erläuterungen dazu interessant, zusammen mit einer Meinung zu meiner beschriebenen Meinung.

B: Bitte diskutiert wirklich alle mit allen, statt nur einmal ab zusenfen.

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    1 day ago

    so dass man liebend gerne die ganzen Länder zwischen Deutschland und Russland vollkommen ignoriert und zu Bauernopfern gemacht hat

    Das passt nicht mit der tatsächlich vorgenommenen Osterweiterung zusammen. Und aus russischer Sicht, waren das imperiale Bestrebungen in ihre Richtung. Auch da wäre die Frage: Wenn statt der NATO eine Art neuer Warschauer Pakt entstanden wäre und erst die Ukraine, dann Polen, Tschechien usw. in ein “Verteidigungsbündnis” mit Russland gegangen wären. Wenn russischer “Abwehrraketen” in Polen stationiert worden wären… Wie würdest du das dann empfinden? Würdest du dann auch sagen, dass die Staaten dort doch alle ein Selbstbestimmungsrecht haben, und das schon so passt?

    Die werden als gesichtslose Verhandlungsmasse angesehen, als Pufferländer, die dem Ausgleich der Interessen der Großmächte gelten. Das muss man sich eigentlich mal auf der Zunge zergehen lassen, was da für eine Weltsicht durchschimmert.

    Man hätte eine Struktur bilden können, in denen diese Staaten als Bindeglied in beide Richtungen gute Beziehungen führen. Hätte man der Ukraine in den 90er Jahren nicht großspurig zugesichert, dass man sie schützen würde, wenn sie ihre Atomwaffen aufgeben, hätte die Ukraine sich auch selbst verteidigen können. Hinter dieser Zusicherung ist man weit zurückgeblieben.

    Es gibt in der Hinsicht nur drei stabile Möglichkeiten: Die Staaten sind klar auf der einen Seite / Die Staaten sind neutral und werden dabei unterstützt / Die Staaten sind klar auf der anderen Seite.

    Es wurde ersteres behauptet, dann aber nicht militärisch und diplomatisch unterfüttert. Das ist in Bezug auf Georgien und Ukraine die “Arroganz der USA”.

    Zur Weltsicht ist auch noch zu sagen, dass es vielleicht etwas anderes wäre, wenn die NATO glaubhaft auf Verteidigung beschränkt wäre, und sich nicht entlang der US regelmäßig als Agressor und gegen jedes Völkerrecht in der Welt verhält, wie z.B. mit der Irakinvasion. Die lieft zwar nicht formal unter der NATO aber es waren auch zahlreiche NATO Länder in der “Koalition der Willigen”. Es gibt also keine empirische Basis für Staaten außerhalb der NATO, sich nicht bedroht zu fühlen, wenn ein Nachbarland der NATO beitritt.

    Wir wollen keine NATO mehr? Tja, die meisten dieser Leute wollen dann aber auch nicht entsprechend aufrüsten, um die Lücke der Amerikaner auch schließen zu können

    Einerseits Zustimmung, andererseits wieder der Verweis darauf, dass man mit sinnvoller Diplomatie auch Teile der miltiärischen Abschreckung nicht braucht.

    wenn diese Länder in die NATO streben, weil sie sich berechtigterweise Sorgen um ihre Sicherheit machen, ist das deren ureigenste Entscheidung und wer sie ihnen abspricht, spricht ihnen ein Stück weit auch die Souveränität ab.

    Man hätte auch fragen können, wie man die berechtigten Sicherheitsinteressen umsetzen kann, ohne eine direkte NATO-Russland Konfrontation zu provozieren. Ich glaube nicht, dass die Ukrainer 2020 mehrheitlich einen NATO-Beitritt gewollt hätten, wenn ihnen deutlich gemacht worden wäre, dass das nur mit einem offenen Krieg mit Russland umsetzbar ist. Und da ist Georgien wieder ein gutes Beispiel, weil Georgien einfach von den USA verarscht wurde. Damals haben Frankreich und Deutschland auch genau vor der Eskalation gewarnt. Da sind wir dann wieder beim Thema “Arroganz der USA”.

    Eine Ukraine in der NATO wäre jedenfalls nicht angegriffen worden.

    Wenn man das in den 90er Jahren schnell gemacht hätte vielleicht. Wir haben mit Georgien aber genau gesehen, dass Russland einem NATO-Beitritt mit Waffengewalt zuvorkommt. Da wäre dann wieder, dass ein Beitritt der Ukraine zu einem Krieg mit Russland führen wird. Auch hier finde ich es wieder wichtig für die Ebene “Realpolitik” die Frage zu stellen, ob die USA das im umgekehrten Fall anders handhaben würden. Ich denke nicht. Da nehmen sich die “Imperien” in ihrer Denkweise nichts, egal was völkerrechtlich zulässig wäre.

    Seit Trump ist Amerika kein verlässlicher Verbündeter mehr, aber statt eine funktionale Alternative zur NATO zu fordern (sprich: militärischer Fähigkeitszuwachs, um die Amerikaner tatsächlich obsolet zu machen), druckt die Linke lieber Friedenstauben auf ihre Plakate.

    Da stimme ich dir voll zu. Wenn man sich anschaut, wie die Bundeswehr zwischen 1990 und 2022 abgebaut wurde, dann gab es den Willen dazu bei keiner Partei. Das hast du auch eingangs gesagt. Deswegen würde ich das aber auch nicht den Grünen oder irgendeiner anderen Partei zuweisen wollen, dass sie hier in den vergangenen Dekaden vorausschauender waren. Da gab es stattdessen eine Scheinwelt der langfristigen Sicherheit unter dem Schutzschirm der USA.

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      1 day ago

      Und aus russischer Sicht, waren das imperiale Bestrebungen in ihre Richtung

      Diese Länder haben Jahrzehnte unter russischer Kontrolle verbracht und im Gegensatz zu manchen Ostalgikern hierzulande keine große Lust, das noch mal zu erleben. Die Sowjetunion hat sich diesen Machtbereich per Gewalt erobert, in die NATO sind sie freiwillig. Mehr muss man als Außenstehender eigentlich nicht wissen.

      Würdest du dann auch sagen, dass die Staaten dort doch alle ein Selbstbestimmungsrecht haben, und das schon so passt?

      So war es doch den ganzen Kalten Krieg lang. Wir haben entsprechend aufgerüstet und man stand sich bis an die Zähne bewaffnet direkt gegenüber. Um sich zu verteidigen, denn bspw. Polen befreien wollte eigentlich keiner. Sie haben sich selbst von den Fesseln der sowjetischen/russischen Dominanz befreit und möchten dort nicht mehr zurück. Dass Russland letztlich nicht mehr stark genug war, seine Machtsphäre auch weiter mit Zwang zusammenzuhalten, kann nicht das Problem dieser Länder sein.

      Man hätte eine Struktur bilden können, in denen diese Staaten als Bindeglied in beide Richtungen gute Beziehungen führen.

      Das wollten diese Länder aber nicht. Jetzt kann man natürlich über die Köpfe dieser Länder hinweg entscheiden, weil die Anliegen eines Landes wie Russland wichtiger sind als ihre. Aber wie oben schon gesagt, was ist das bitte für ein Weltbild? Unabhängig davon setzt das auch voraus, dass Russland überhaupt daran interessiert gewesen wäre. Wir sehen aber überdeutlich, dass Russland die 90er nur als momentane Schwäche begreift, aber grundsätzlich nicht bereit ist, von seinem eigenen Machtblock abzusehen. Putin wollte nie Kooperation.

      Hätte man der Ukraine in den 90er Jahren nicht großspurig zugesichert, dass man sie schützen würde, wenn sie ihre Atomwaffen aufgeben, hätte die Ukraine sich auch selbst verteidigen können.

      Richtig. Das ist aber eher ein Argument für die Falken und nicht für die Tauben wie bspw die Linke. Und auf absehbare Zeit wird mindestens in Europa kein Land mehr ohne weitreichende militärische Abschreckung inkl. Nuklearschirm sein wollen. Man war naiv und hat die russischen Machtambitionen falsch eingeschätzt.

      Einerseits Zustimmung, andererseits wieder der Verweis darauf, dass man mit sinnvoller Diplomatie auch Teile der miltiärischen Abschreckung nicht braucht.

      Es wird heute gerne von vielen vergessen, gerade, wenn man das Narrativ braucht, aber unmittelbar vor der offenen Invasion Russlands gaben sich sämtliche Spitzenpolitiker des Westens in Moskau die Kremlklinke in die Hand. Sie waren alle da, um die bevorstehende Invasion diplomatisch abzuwenden. Es lang alles auf dem Tisch, inkl. der Zusicherung, dass die Ukraine kein NATO-Mitglied werden wird. Das war die Diplomatie, die manche Parteien heute so beschreien. Und sie hat den kriegshungrigen Aggressor nicht abgehalten. Glaubhafte Abschreckung (=Sicherheit) gibt es nur mit Waffen, Worte sind nichts wert - das ist die traurige Erkenntnis, die insb. die Ukraine in den letzten Jahren machen musste.

      Irakinvasion

      Die NATO ist im Irak im Einklang einer UN-Resolution und auf Ersuchen der irakischen Regierung im Bereich Ausbildung und Unterstützung tätig. Du sagst selber, dass du eigentlich nicht die NATO selber meinst, aber es ist eigentlich wichtig, hier in der Diskussion klar zwischen NATO und Einzelstaaten zu trennen. Die sog. “Koalition der Willigen” ist jedenfalls eine US- und keine NATO-Sache gewesen, was man schon daran sieht, dass sowohl Nicht-NATO-Mitglieder mitgemacht und NATO-Mitglieder nicht mitgemacht haben. Inwiefern daraus eine Verantwortung der NATO erwächst, die man ihr dann vorwerfen möchte, ist mir nicht klar.

      Aber gut, natürlich verfolgen auch die Amerikaner ihre Interessen jenseits der Regeln, die eigentlich für alle Länder gelten sollten. Und ich kann es keinem Land bspw. im Nahen Osten verübeln, wenn es sich in einem robusten Verteidigungsbündnis davor schützen möchte. Hier reden wir allerdings nicht von Somalia oder Syrien, sondern von Russland, das selber eine nuklear bewaffnete militärische Großmacht ist. Die wissen ganz genau, dass sie als Teil des elitären Zirkels der nuklearen Veto-Mächte niemals so ein Schicksal erleiden müssten, dass diese paar Länder da im Veto-Club sich längst mit dem gegenseitigen Status quo im jeweiligen Kernland abgefunden haben. Kein russischer Politiker bei Sinnen erwartet eine amerikanische Invasion auf Moskau. Insofern ist diese angebliche “Furcht” vor der NATO vollkommen unplausibel. Die NATO stört Russland nur bei der Machtexpansion in Europa, also Länder zur Not mit militärischer Gewalt wieder in die eigene Machtsphäre zu bringen, darum muss sie aus deren Sicht weg. Moldawien, Georgien, Ukraine, das alles wäre nicht möglich gewesen, wenn die in der NATO gewesen wären. Noch 2005 sagte Putin selber, dass er kein Problem mit einer Ukraine in der NATO hätte und dass das die souveräne Entscheidung des Landes sei. Tja.

      Man hätte auch fragen können, wie man die berechtigten Sicherheitsinteressen umsetzen kann, ohne eine direkte NATO-Russland Konfrontation zu provozieren.

      Hat man ja. Unter anderem auf Druck Deutschlands hat man der Ukraine und Georgien 2013 den Beitritt zur NATO verwehrt, weil man die Russen nicht verärgern wollte. Wie gesagt hat man auch direkt vor der offenen Invasion Russlands den Verzicht des NATO-Beitritts der Ukraine angeboten, um die Russen nicht zu verärgern. Die Realität ist, dass man bereits sehr viel und sehr lange auf die Befindlichkeiten dieses Landes Rücksicht genommen hat und unter anderem deswegen jetzt in der Ukraine seit über 3 Jahren der blanke Horror wütet. Russland will dieses Land auslöschen, da spielt die NATO überhaupt keine Rolle. Und wie gesagt: es ist nicht an Russland, zu entscheiden, wie sich unabhängige Staaten positionieren. Das hat es selber 1999 in der Europäischen Sicherheitscharta zugesichert, dass die Länder sich ihre Allianzen und Ausrichtungen selber aussuchen dürfen. Warum auch nicht, sind ja unabhängige Staaten und keine Vasallen.

      Da wäre dann wieder, dass ein Beitritt der Ukraine zu einem Krieg mit Russland führen wird.

      Der Krieg kam auch ohne NATO-Beitritt. Insofern hat Russland jegliche Ansprüche verspielt, in der Hinsicht berücksichtigt zu werden.

      Deswegen würde ich das aber auch nicht den Grünen oder irgendeiner anderen Partei zuweisen wollen, dass sie hier in den vergangenen Dekaden vorausschauender waren.

      Nein, aber die Grünen stellen sich jetzt hin und verlangen ihrer Wählerschaft ab, dass sie sich jetzt auch mit notwendigen Dingen wie Aufrüstung und sicherheitspolitischer Verantwortungsübernahme jenseits der deutschen Grenzen, wie bspw in Litauen, auseinandersetzt. Das war hart, aber wie ich finde erheblich ehrlicher als der Versuch, den Leuten zu verkaufen, dass die bisherigen liebgewonnenen Ansichten sich konservieren lassen, auch wenn die Sicherheitslage in Europa gerade so beschissen aussieht wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr.

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        1 day ago

        Die Sowjetunion hat sich diesen Machtbereich per Gewalt erobert, in die NATO sind sie freiwillig.

        Die Vorläufer der modernen Ukraine sind aus der russischen Revolution hervorgegangen. Davor war das noch Zarenreich. Es gab eine Zersplitterung in mehrere Teilrepubliken und Bürgerkrieg, u.a. mit einer Teilrepublik, die sich vom deutschen Kaiserreich und Österreich hat besetzen lassen. Von 1922 bis zu Stalin ging es in der Ukrainische Sowjetrepublik auch weitesgehend ohne Konflikte aufwärts. Unter den Nazis haben die Ukrainer auch massiv gelitten, sodass die sowjetische Rückerorberung kaum pauschal als “mit Gewalt erobert” angesehen werden kann.

        Für Weißrussland sieht es ähnlich aus. Für die baltischen Staaten und Polen gingen der Invasion der Nazis auch eine sowjetische Invasion bzw. bei den baltischen Staaten starker Druck/Drohungen voraus. Auch da würde ich die Frage stellen, inwieweit man nach der Befreiung von den Nazis die folgende Besatzung damit gleichsetzen möchte.

        In der Hinsicht ist auch der Vergleich zur NATO und der Führung der USA wieder relevant, weil die USA den zweiten Weltkrieg auch als Gelegenheit genutzt hat, um dauerhaft Truppen in Europa zu stationieren. Und wie “freiwillig” das im Fall von Deutschland aussah, kann man auch am 2+4 Vertrag ablesen, wo sich die Westallierten und (noch) Sowjetunion jeweils eingemischt haben. Da wurden zwar die beiden deutschen Staaten mit eingebunden, aber es wird doch sehr deutlich, wer die Machtentscheidungen getroffen hat.

        Inwiefern daraus eine Verantwortung der NATO erwächst, die man ihr dann vorwerfen möchte, ist mir nicht klar.

        Die NATO steht unter amerikanischer Führung. Das formal die Koalition der Willigen nicht über die NATO lief ist richtig. Die Kreise im Diagramm überschneiden sich da aber schon stark. Dazu kommt, dass sich neben NATO-Staaten wie Polen und den baltischen Staaten auch Georgien und Ukraine an der Koalition der Willigen beteiligt haben. Schaut man sich die Karte an, dann fällt auf, dass die Koaltion quasi ein “who is who” der Nachbarstaaten Russlands mit Konflikten um die Einflussphäre war.

        Da wäre auch meine Reaktion als hypotethischer Militärberater, dass ich aus “Angriffskrieg mit USA zusammenführen und in NATO sein, oder Beitrittsbestrebungen verfolgen”, eine militärische Bedrohung ableiten würde.


        https://de.wikipedia.org/wiki/Koalition_der_Willigen

        Die wissen ganz genau, dass sie als Teil des elitären Zirkels der nuklearen Veto-Mächte niemals so ein Schicksal erleiden müssten, dass diese paar Länder da im Veto-Club sich längst mit dem gegenseitigen Status quo im jeweiligen Kernland abgefunden haben. Kein russischer Politiker bei Sinnen erwartet eine amerikanische Invasion auf Moskau. Insofern ist diese angebliche “Furcht” vor der NATO vollkommen unplausibel.

        Der kalte Krieg hat denke ich genug Stellvertreterkriege beinhaltet, genug Raketen, die man vor der “Haustür” des jeweils anderen positioniert hat, dass da “Plausibel” völlig anders bewertet wird. Und das gilt in die andere Richtung auch wieder. Die NATO hat in Polen ein Raketenschild aufgebaut. Dabei ist es wegen Atomwaffen theoretisch genauso plausibel oder unplausibel, dass Russland in Frankreich einmarschieren wird. Wenn von China keine Bedrohung für die USA/NATO ausgeht, warum sind dann zehntausende US Soldaten in Japan und Südkorea stationiert?

        In der Geopolitik ticken die Militärs alle mehr oder weniger gleich, egal wo auf der Welt oder wann in der Menschheitsgeschichte.

        Hat man ja. Unter anderem auf Druck Deutschlands hat man der Ukraine und Georgien 2013 den Beitritt zur NATO verwehrt, weil man die Russen nicht verärgern wollte. Wie gesagt hat man auch direkt vor der offenen Invasion Russlands den Verzicht des NATO-Beitritts der Ukraine angeboten, um die Russen nicht zu verärgern. Die Realität ist, dass man bereits sehr viel und sehr lange auf die Befindlichkeiten dieses Landes Rücksicht genommen hat und unter anderem deswegen jetzt in der Ukraine seit über 3 Jahren der blanke Horror wütet.

        Da stimme ich dir zu, dass man dann daraus nicht die Konsequenzen gezogen hatte, bzw. spätestens mit der Krim Invasion dann hätte konsequent werden müssen. Die Konsequenz hätte aus meiner Sicht aber in beide Richtungen bestehen müssen, also Russland und USA.

        Und da ist es auch kein Zufall, dass die Vollinvasion kam, als Merkel durch Scholz abgelöst wurde. Scholz hat sich außenpolitisch voll in den Schatten der USA gestellt. Nur dann wieder ohne die Konsequenz zu haben, und die Konfrontation mit Russland dann auch mitzutragen.

        Das war hart, aber wie ich finde erheblich ehrlicher als der Versuch, den Leuten zu verkaufen, dass die bisherigen liebgewonnenen Ansichten sich konservieren lassen, auch wenn die Sicherheitslage in Europa gerade so beschissen aussieht wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr.

        Da stimme ich dir zu. Eine “Konservieren” der Ansichten der Linken reicht auch nicht. Es ist aber notwendig, dass man diese Punkte mit diskutiert und neben der notwendigen Konfrontation auch weiter den Kanal für die Frage einer stabilen Sicherheitsstruktur für Europa offen hält.

        Langfristig (jaja, utopisch) würde ich mir wünschen, dass wir ein unabhängiges Europa schaffen und ein modernisiertes Russland auf Augenhöhe einbinden können. Das wird nicht mit Putin gehen. Es wird auch nicht mit Trump oder einer USA im Modus der letzten 40 Jahre gehen. Ich hoffe, dass wir es schaffen, ohne ein neues Trümmerfeld vom Atlantik bis zum Ural dahin zu kommen.

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          1 day ago

          Auch da würde ich die Frage stellen, inwieweit man nach der Befreiung von den Nazis die folgende Besatzung damit gleichsetzen möchte.

          Diese Gleichsetzung findet nicht statt! Ob Prager Frühling, Arbeiteraufstand in der DDR, Volksaufstand in Ungarn: die Sowjetunion war gekommen, um zu bleiben und ließ daran keinerlei Zweifel aufkommen. Die Länder wurden gleichgeschaltet und kontrolliert und kamen erst frei, als die Sowjetunion intern bereits so erodiert war, dass sie den Deckel nicht länger draufhalten konnte.

          Und wie “freiwillig” das im Fall von Deutschland aussah, kann man auch am 2+4 Vertrag ablesen, wo sich die Westallierten und (noch) Sowjetunion jeweils eingemischt haben. Da wurden zwar die beiden deutschen Staaten mit eingebunden, aber es wird doch sehr deutlich, wer die Machtentscheidungen getroffen hat.

          Die Siegermächte natürlich, denn Deutschlands Hälften waren vorher ja nicht wirklich frei in ihren Entscheidungen. Seit den 1990ern sind wir frei und während Polen, Balten, usw so schnell wie möglich unter den Schutz der westlichen Sphäre wollten, machte sich in der DDR der verklärt-romantische Blick in die Vergangenheit breit. Diese ostdeutsche Perspektive ist jedoch eine, die in diesen Staaten weitestgehend unbekannt ist, wenn du mal so Staaten wie Weißrussland oder Teile der Ukraine bis 2014 außen vor lässt. Willst du diesen Ländern das zum Vorwurf machen, nach dem Erlebten?

          Die NATO steht unter amerikanischer Führung. Das formal die Koalition der Willigen nicht über die NATO lief ist richtig.

          Eben. Darum ist es nicht richtig, die Taten der “Koalition der Willigen” der NATO in die Schuhe schieben zu wollen. Wirf der NATO lieber die Dinge vor, die sie auch wirklich gemacht hat und kritisiere für die Irakinvasion lieber diese Koalition, auch wenn das nicht so griffig klingt, denn das ist eben die Realität.

          Dazu kommt, dass sich neben NATO-Staaten wie Polen und den baltischen Staaten auch Georgien und Ukraine an der Koalition der Willigen beteiligt haben.

          Ja, alles Länder, die sich um den Schutz der Amerikaner bemühten und probierten, damit für sich die Werbetrommel zu rühren. Im Falle Georgiens und der Ukraine war all das Werben jedoch umsonst, denn es scheiterte nicht zuletzt am deutschen Widerstand, weil man Russland nicht provozieren wollte. Heute sind das beides Länder mit von Russland getragenen Teilregimen, die die Länder erfolgreich eingefroren und von jeglicher formeller Westbindung wie der NATO ferngehalten haben.

          Da wäre auch meine Reaktion als hypotethischer Militärberater, dass ich aus “Angriffskrieg mit USA zusammenführen und in NATO sein, oder Beitrittsbestrebungen verfolgen”, eine militärische Bedrohung ableiten würde.

          Wie gesagt: Russland sitzt auf einem gewaltigen Berg Nuklearwaffen. Die nimmt keiner ein, schon gar keine gegnerische Atommacht, und das wissen die auch ganz genau. Das ist alles Fassade. Der eigentliche Punkt ist, dass man in ein Land der NATO nicht so einfach einmarschieren kann wie in Georgien oder der Ukraine und das ist das Problem für Putin! Eine NATO-Mitgliedschaft verhindert einzig und allein, dass diese kleinen Länder an Russlands Grenzen von diesem militärisch nach Gutdünken überrollt werden können, denn es ist ein Verteidigungspakt, kein Angriffspakt auf Moskau. Für den, siehe “Koalition der Willigen”, braucht man überhaupt keine NATO, den kann man auch so bilden.

          Der kalte Krieg hat denke ich genug Stellvertreterkriege beinhaltet, genug Raketen, die man vor der “Haustür” des jeweils anderen positioniert hat, dass da “Plausibel” völlig anders bewertet wird.

          Wie gesagt, Stellvertreterkriege. Die zeichnen sich aber dadurch aus, dass sie über Stellvertreter geführt werden. Weder die Amis noch die Russen hatten währenddessen große Angst, dass dabei der Krieg auch in ihr Land kommen könnte. Schau dir doch die wütende Überraschung der Russen an, als sich die “dreisten Ukrainer” doch tatsächlich gewagt hatten, den Krieg auch über die Grenze nach Russland zu tragen. Für diese Länder ist Kriege führen etwas, das in Gänze jenseits der eigenen Grenzen stattfindet, so sind sie das gewohnt. Das ist aber ein Luxus, den weder Polen, Georgien, die Ukraine, etc kennen.

          Die NATO hat in Polen ein Raketenschild aufgebaut.

          Die Russen haben in Kaliningrad atomwaffenfähige Mittelstreckenraketen stationiert. Und nun? Das kennen wir aus dem Kalten Krieg und es ist nicht so, dass eine böse NATO ein friedliebendes Russland umzingelt, sondern dass man sich auch nach dem Kalten Krieg durchgehend und gegenseitig (!) als strategische Gegner begreift.

          Dabei ist es wegen Atomwaffen theoretisch genauso plausibel oder unplausibel, dass Russland in Frankreich einmarschieren wird.

          Richtig. Frankreich wird auch nicht wirklich damit rechnen, dass Russland nach Paris marschieren wird und Russland wird das nicht wirklich ernsthaft erwägen, denn dann ist es das gewesen mit der Welt. Aber noch mal: auch unsere Sicherheit ist maßgeblich von diesem Nuklearschirm geprägt, unter dem wir seit den 50ern leben. Darum können wir uns in Deutschland verhältnismäßig sicher fühlen, obwohl wir unsere eigene Verteidigungsfähigkeit derart stiefmütterlich behandeln. Das ist aber eine Sicherheit, die Länder wie die Ukraine oder Georgien nicht haben. Für die geht es ums nackte Überleben.

          Wenn von China keine Bedrohung für die USA/NATO ausgeht, warum sind dann zehntausende US Soldaten in Japan und Südkorea stationiert?

          Weil von China eine Bedrohung für Japan und Südkorea ausgeht und die froh sind um den Schutz, den die Amerikaner ihnen bieten. Schau doch ins südchinesische Meer, um zu sehen, was China eigentlich mit seinen Nachbarn vorhat. Und noch mal: eine Bedrohung für die USA ist etwas anderes als eine Bedrohung für die NATO, können wir bitte beide Begriffe etwas besser trennen?

          Scholz hat sich außenpolitisch voll in den Schatten der USA gestellt.

          Richtig. Scholz ist genau die Personifizierung dieser deutschen Denke: Militär ist eklig, das sollen lieber andere machen. Aber Sicherheit gibt es nicht geschenkt. Jetzt sind wir abhängig von diesem orangenen Volldeppen in Washington, während der Psychopath aus Moskau 6 Autostunden von uns Vernichtungskrieg führt. Aber genau deshalb rege ich mich auch so auf über diesen unreflektierten Fundamentalpazifismus, den du bspw. in der Linken finden kannst. Wir stehen gerade eigentlich ziemlich in der Scheiße und diese Partei verweigert sich nach wie vor der Realität, weil es für den Markenkern offenbar wichtiger ist, auf NATO und Amis zu schimpfen, Bundeswehr abzulehnen und “endlich Diplomatie” zu fordern, statt die Augen aufzumachen. Find ich nicht gut.

          Es ist aber notwendig, dass man diese Punkte mit diskutiert und neben der notwendigen Konfrontation auch weiter den Kanal für die Frage einer stabilen Sicherheitsstruktur für Europa offen hält.

          Das stimmt. Aber gerade brennt die Hütte nun mal, da ist erst mal löschen angesagt, bis man sich wieder mit Themen wie Wandfarbe oder Lampenschirmen befassen kann. Wir müssen gerade so schnell wie möglich raus aus der Abhängigkeit von amerikanischer Verteidigung, ohne jedoch auch nur einen Hauch unserer Abschreckung einzubüßen. Wir müssen selber die Verantwortung für das Geschehen in unserer Nachbarschaft übernehmen und Dinge wie die Ukraine eigentlich selber klären können. Putin hingegen spekuliert ja nun darauf, dass sich einerseits das westliche Bündnis durch Trump auflöst, wir dann aber mit runtergelassener Hose dastehen und er freie Bahn hat. Dazu gehört eben auch das klare Bekenntnis, dass wir die Bundeswehr nicht nur brauchen, sondern massiv in ihren Fähigkeiten ausbauen müssen. Kann das die Linke und wenn nein, warum eigentlich nicht?

          Langfristig (jaja, utopisch) würde ich mir wünschen, dass wir ein unabhängiges Europa schaffen und ein modernisiertes Russland auf Augenhöhe einbinden können. Das wird nicht mit Putin gehen. Es wird auch nicht mit Trump oder einer USA im Modus der letzten 40 Jahre gehen. Ich hoffe, dass wir es schaffen, ohne ein neues Trümmerfeld vom Atlantik bis zum Ural dahin zu kommen.

          Da bin ich ganz bei dir. Wollen wir hoffen, dass wir die notwendigen Köpfe und Ideen finden, dort hinzukommen.