Der im Artikel verlinkte offene Brief:

Wir wollen nicht warten.

Wir wollen nicht abwarten. Nicht warten darauf, dass „etwas", dass noch mehr geschieht.

In den gegenwärtigen Regierungsverhandlungen in Österreich geht es darum, ob mit der FPÖ eine rechtsextreme Partei Regierungsverantwortung übernimmt und den Bundeskanzler stellt.

Wir wissen, was die Vorhaben dieser Partei sind. Wir wissen, dass mit einer FPÖ in der Regierung Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Minderheitenschutz, Medienfreiheit, eine unabhängige Justiz, aber auch Wissenschaftsfreiheit in Frage gestellt sind.

Die FPÖ macht sehr klar, welche Art Forschung sie sich vorstellt. Schon im Wahlprogramm wird deutlich, welche Inhalte erwünscht und welche unerwünscht sind. Was die FPÖ als „ideologisierte" Wissenschaft brandmarkt, soll es nicht mehr geben. Erste Anzeichen sind bereits bemerkbar. Die Attacken auf Geschlechterforschung und Migrations- und Rassismusforschung sind Teil eines breit angelegten Angriffs auf die Freiheit der Forschung und Lehre zu gesellschaftspolitischen Problemen. Solche Forschung wird als Pseudowissenschaft verunglimpft. Aber auch naturwissenschaftliche Forschung zählt bei der FPÖ nur dann, wenn sie sich gewünschten Themen widmet und passende Ergebnisse liefert. Die Erkenntnisse der Klimaforschung werden geleugnet. Experimentelle Forschung etwa zur Entwicklung von Impfstoffen wird kategorisch abgelehnt. Wissenschaftskepsis, ja Wissenschaftsfeindlichkeit werden genährt.

Die Angriffe auf die Wissenschaft fügen sich ein in das Gesamtprojekt der FPÖ, demokratische Grundprinzipien, zu denen eben auch die Pluralität von Lehre und Forschung und wohlinformierte, wissensbasierte Entscheidungen gehören, zu zerstören.

Wir wissen, welche Agenda rechtsextreme und faschistische politische Kräfte haben. Wir wissen, wie Viktor Orbán in Ungarn vorgegangen ist und sehen das Ergebnis: die Einschränkung von Freiheits- und Selbstbestimmungsrechten, eine gleichgeschaltete Medienlandschaft, rassistische und menschenrechtswidrige Politik, Ausgrenzung von und Gewalt gegen Minderheiten, Manipulation und Korruption.

Darauf sollen wir warten?

Es ist Aufgabe von Forschung und Lehre, „zur Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen in einer sich wandelnden humanen und geschlechtergerechten Gesellschaft beizutragen“, so steht es in § 1 des Universitätsgesetzes. Das ist unser erklärtes Anliegen. Als unabhängig in der Wissenschaft Tätige tragen wir dazu bei, die großen Herausforderungen unserer Zeit zu lösen, die vielfältigen Phänomene dieser Welt zu verstehen und die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.

Wissenschaft lebt von der kritischen Auseinandersetzung und einer Vielfalt von Stimmen in Forschung und Lehre. Wenn es hier zu Einschränkungen kommt, werden Produktion und die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie demokratischer Austausch insgesamt eingeengt, behindert und zensiert.

Wir, Wissenschaftler*innen österreichischer Universitäten, Hochschulen und weiterer Forschungseinrichtungen, fordern ein eindeutiges und unzweifelhaftes JA ZUR DEMOKRATIE, JA ZUR OFFENEN GESELLSCHAFT sowie zur Freiheit der Forschung und ihrer Lehre. Damit wenden wir uns gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ und fordern alle demokratischen Parteien zur konstruktiven Zusammenarbeit auf.

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