[…]

Am Mittwochmorgen gab das Verwaltungsgericht seine Entscheidung bekannt – ein Sieg für die Masch: Der Verfassungsschutz darf seinen Jahresbericht 2021, gegen den die Masch geklagt hatte, mit der Erwähnung des Vereins als angeblich linksextremen Akteur nicht mehr veröffentlichen. Entsprechend müsste das zuständige Finanzamt dem Verein nun seine Gemeinnützigkeit wieder zugestehen.

  • Saleh@feddit.org
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    12 days ago

    Der [Verfassungsschutz] aber bleibt auch Mittwoch bei seiner Einschätzung. „In der Gesamtschau“, so erläutert es ein Amtsmitarbeiter, verfolge der Verein das Ziel, den Kapitalismus zu überwinden. Und das, so schrieb das Amt zuvor, „unter dem Deckmantel der Wissenschaft und der Bildung“.

    Besondere Beachtung findet im Urteil des Verfassungsschutzes auch ein Buch. Der Verein ist Herausgeber des 2015 erschienenen Sammelbands „Aufhebung des Kapitals. Ökonomien einer Übergangsgesellschaft“, in der Au­to­r:in­nen über das Scheitern sozialistischer Staaten, über das bedingungslose Grundeinkommen oder über Demokratie in Unternehmen schreiben. Fehlt da nicht eine zur Diskussion anstiftende Gegenposition, die den Kapitalismus entgegen den restlichen Au­to­r:in­nen positiv bewertet, fragt auch der vorsitzende Richter am Dienstag mahnend an.

    Art. 1 GG Abs. 1: die Würde des Kapitals ist unantastbar oder so…

    Die einzige Erwähnung einer Wirtschaftsform der Bundesrepublik erfolgt m.W. in Art. 15 GG:

    “Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend.”

    Ich finde wir müssten mal beim Verfassungsgericht anfragen, ob nicht alle Kapitalismus-Verteidiger, die Diskussion über und jenseits von Kapitalismus bekämpfen als Verfassungsfeinde in die Schranken zu weisen sind.

    • schnurrito@discuss.tchncs.de
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      12 days ago

      Ohne die Einschränkung der Meinungsfreiheit, um die es im Artikel geht, in irgendeiner Weise zu verteidigen: Artikel 14 GG garantiert Eigentum und Erbrecht und verlangt Entschädigungen bei Enteignungen und das lässt sich sehr wohl so lesen, dass es eine “kapitalistische” Wirtschaftsform verlangt.

          • Don_alForno@feddit.org
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            11 days ago

            Kapitalismus gibt es je nachdem wen du fragst seit dem 15. Jahrhundert. Eigentum gibt es seit der Steinzeit. Was sagt uns das? Du redest Unsinn.

          • алсааас [she/they]@lemmy.dbzer0.com
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            11 days ago

            🤓☝️ Wenn wir das jetzt mal ganz nach der marx’schen Definition machen:
            Da steht nicht privates Eigentum. Auch im höheren Stadium des Sozialismus (was wir heute Kommunismus nennen) wird es persönliches Eigentum, dass dann auch mit einigen Restriktionen vererbt werden kann und z.B. beim Bauen von Stromtrassen durch Gärten oder so entschädigt werden müsste, geben.

            Also Häuser, Gärten, Familianacker usw. wird es weiterhin geben und diese fallen ja unter schützenswertes Eigentum

      • Saleh@feddit.org
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        12 days ago

        Da würde ich nicht so sehen. Art 14 GG:

        (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
        (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
        (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

        Es gibt keine explizite Bennenung von den Arten von Eigentum wie in Art. 15. Art 14 Abs. 2 wiederum hebt die Verpflichtung vor, dass Eigentum auch zum Wohl der Allgemeinheit dienen soll. Damit ist “Kapitalismus in Reinstform” eigentlich schon ausgeschlossen.

        Das Recht auf Eigentum besteht also nur in Zusammenhang mit einem Nutzen für das Gemeinwohl, oder mindestens soll es keinem Schaden am Gemeinwohl (Stichworte Klima- und soziale Gerechtigkeit) anrichten. Und dann kommt Art. 15 GG und eröffnet explizit, dass Produktionsmittel enteignet werden können, um damit eine Gemeinwirtschaft aufzubauen, was Kapitalismus praktisch ausschließt.

      • алсааас [she/they]@lemmy.dbzer0.com
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        11 days ago

        Auch im Sozialismus gibt es persönliches Eigentum; nur Privateigentum (sprich die Möglichkeit mehr an Häusern, Fabriken, Büros, Computern etc. zu Besitzen als man selbst nutzen kann) wird größtenteils abgeschafft. Das, was früher Privateigentum war, wird entweder direkt in Gemeinschaftseigentum der Werktätigen umgewandelt oder unter ihre Kontrolle gebracht.

        • hikaru755@lemmy.world
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          11 days ago

          Privateigentum

          Dieser Begriff müsste echt mal geändert werden. Jemand, der sich mit der Materie nicht auskennt, würde nie auf die Idee kommen, dass “Privateigentum” etwas anderes meint als “Mein Handy, mein Auto”. Ein Begriff den man immer erstmal erklären muss um nicht direkt auf tiefe Ablehnung gegenüber der falsch verstandenen Bedeutung zu stoßen ist einfach kein guter Begriff

          • алсааас [she/they]@lemmy.dbzer0.com
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            11 days ago

            Stimme dir da auf jeden Fall zu, dass für Agitation und Propaganda der Begriff ungeeignet ist.

            Wäre ich hier für Pipelining würde ich mir auch die Mühe machen, Synonyme zu verwenden und den Begriff erst rel am Ende zu erklären. Habe halt nicht die Motivation/Energie dafür. Deshalb die größtenteils ungefilterte Variante…

            Ist halt ein historischer linker Begriff, der sich fest in der politökonomischen Theorie und im intra-linken Diskurs verankert hat

        • nur Privateigentum […] wird größtenteils abgeschafft

          Ergänzung dazu: z.B. kleinere Unternehmen würden wahrsch. erstmal “in Ruhe” gelassen werden. Früher oder später müssten sich diese aber auch entweder in Kooperativen (also echte Genossenschaften) umwandeln oder in bereits vergesellschsftlichte Unternehmen integrieren

      • gnuhaut@lemmy.ml
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        11 days ago

        Jo, das ist offensichtlich. Die Gegenmeinungen hier leben in einer Traumwelt. Das ist vollkommen absurd, dass das Verfassungsgericht das so interpretieren würde, dass jemand als Entschädigung für eine enteignete Fabrik eine Schallplatte der Internationale vom Arbeiterchor Karl-Marx-Stadt bekommt, selbst wenn der Bundestag ein entsprechendes Gesetzt erlassen würde.

        • the_wiz@feddit.org
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          11 days ago

          Deshalb - und ich sage das jetzt völlig ohne Bewertung - kann der Sozialismus nur per Revolution und nicht über einen langsamen Wandel und Weg durch die bestehenden Institutionen eingeführt werden.

          • алсааас [she/they]@lemmy.dbzer0.com
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            11 days ago

            Genau, der Status quo wird durch die ständige Gewalt der Institutionen (oder der Androhung derer; was sind Gesetzte, wenn nicht die Drohung, dass bei deren Bruch das Gewaltmonopol des Staates angewandt wird?) aufrecht erhalten.

            Diese Gewalt ist Grundbestandteil der Verfassung und der Staatsmaschinerie.
            Deshalb macht es such keinen Sinn von einem “kaputten” System zu sprechen. Das System funktioniert, es macht was es soll: Es schützt die Produktionsweise (Kapitalismus), die darauf aufbauende (ökonomisch) herrschende Klasse und deren Besitztümer.

            Alles weitere sind erkämpfte Zugeständnisse, die im imperialen Kern nur deshalb so oft vorkommen, weil sie praktisch immer durch (Neo-)Kolonialismus/-Imperialismus finanziert sind.

            Auch in dem seltenen Fall, dass durch Zugeständnisse (z.B. Reformen in der Wirtschaft oder falls es doch mal Sozialisten trotz der bürgerlichen "Demokratie schaffen an die Macht zu kommen) ernsthaft die Profite sinken, fangen an zwei Bomben zu ticken: die des neoliberalen Austeritätsregimes oder die des Faschismus (, wobei bei der die “Zündschnur” meistens länger ist, da es eher einen der letzten und turbulentesten Auswege darstellt.)

            Der Faschismus ist übrigens ein eingebauter Schutzmechanismus, auf den sich das Kapital auch verlassen kann, wenn z.B. die Lügen des (Neo-)Liberalismus an ihrer Macht über die Bevölkerung verlieren…

        • алсааас [she/they]@lemmy.dbzer0.com
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          11 days ago

          Nach von Reichen gemachten Regeln kannst du natürlich nicht die Macht der Reichen aufbrechen…

          Aber in einem Stimme ich dir zu: Wer glaubt, die Unterdrücker und Ausbeuter dieser Welt würden freiwillig ihre Macht aufgeben, lebt wirklich in einer Traumwelt.

          (nennt sich übrigens utopischer o. idealistischer Sozialismus, worunter – nachdem diese sich vom Marxismus abgewand hat – der übrige Rest der Sozialdemokratie vor der (Neo-)Liberalisierung fiel und heute der sog. demokratische Sozialismus fällt)

  • RoflmasterBigPimp@feddit.org
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    12 days ago

    Die spinnen ja auch! Marx lesen?! Was kommt als nächstes Hakenkreuze durchstreichen?!

    (/s weil die Lage so verkorkst ist das es notwendig ist)

  • aaaaaaaaargh@feddit.org
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    12 days ago

    Naja, ich verstehe den Verfassungsschutz da schon sehr gut. Über viele Jahre haben wir dank weitsichtiger Akteure auf der politischen Bühne gelernt, wie gefährlich der sehr gefährliche Linksrutsch ist, also kann die Masch froh sein, dass die Polizei nicht sofort mit Kampfrobotern angerückt ist und das Gebäude in die Luft gesprengt hat.

  • seeigel@feddit.org
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    11 days ago

    Anders rum Kommunisten Gemeinnützigkeit abzusprechen muss doch an irgendeiner Stelle ein Schmunzeln hervorgerufen haben.

    • j4yt33@feddit.org
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      10 days ago

      Glaube ich kaum. Hast du schon mal einen deutschen Sachbearbeiter getroffen? Da wird nicht geschmunzelt und das Wort “Ironie” ist nicht im Wortschatz vorhanden

  • MemmingenFan923@feddit.org
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    12 days ago

    Ich finde das Wortspiel von dem Titel toll. Gibt’s eigentlich eine Community für solche Wortspiele in Zeitungsartikel?

  • N_utzername@feddit.org
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    11 days ago

    Achja, da habe ich mal eine nette Recherche zu gesichtet: "Verfassungsschutzskandale gibt es nicht erst seit der Entdeckung des NSU vor einem Jahr. Vorgestellt werden: sie Affaire Traube, der Schmücker-Prozess, das Celler Loch, die Vulkan-Affaire, der Anschlagsversuch auf das Jüdische Gemeindehaus West-Berlin, vier Jahrzehnte Beobachtung von Rolf Gössner.

    Vielleicht sind aber gar nicht die Pannen der Skandal, sondern vielmehr der ganz gewöhnliche Alltag des Verfassungsschutzes." Best of … Verfassungsschutz Der Verfassungsschutz schützt die Verfassung so wie Zitronenfalter Zitronen falten.